Frank Schätzing
Fischer Taschenbuch Verlag
Taschenbuch
656 Seiten
Der Schwarm – mein erstes Buch von Frank Schätzing – ist mir nach Jahren noch immer eines der liebsten Bücher und vor allem das, welches mir – ganz ohne Zombies, Geister, Vampire oder blutrünstige Monster und Serienkiller – die meisten Schauer über den Rücken laufen ließ. Das lag unter anderem an vielen hochinteressanten wissenschaftlichen Fakten, die die Geschehnisse in dem Buch fundiert begründeten und somit ein Szenario erschaffen haben, das noch während des Lesens eintreten oder schon begonnen haben könnte.
Nachrichten aus deinem unbekannten Universum ist ein Sachbuch, welches das Material enthält, welches Schätzing für den Schwarm recherchiert hatte aber nicht nutzen konnte. Wenn man den Umfang des Buches betrachtet, ist das verständlich. Daraus könnte er eigentlich noch mindestens drei weitere Wissenschafts-Thriller machen.
Es ist in vier Haupt-Teile unterteilt: Gestern – Heute – Morgen – Übermorgen. Damit ist die erdgeschichtliche Entwicklung gemeint. Es dreht sich nicht alles nur um das Meer, sondern ist eine ganzheitliche Betrachtung der Erdgeschichte. Schätzing beginnt, wie es sich gehört, mit dem Urknall. Im ersten großen Abschnitt wird die Entwicklung unseres Sonnensystems und des Planeten beschrieben, die Entstehung des Lebens und die Evolution vom Einzeller bis zum Menschen. Natürlich gehen diese Ausführungen nicht enorm in die Tiefe (des jeweiligen Themas) aber der Leser bekommt einen spannenden Überblick und lernt garantiert noch viel dazu. Im nächsten Teil, dem Heute, werden die Ozeane eingehender betrachtet – was darin passiert, welche Art von Leben es wo gibt, wie sie beschaffen sind und welche Phänomene sie bereithalten. Das Morgen enthält Betrachtungen zum technischen Fortschritt und zur Nutzung der Meere als Energie- und Nahrungslieferant, für die Logistik-, die Pharma- und Kosmetikbranche und sogar als Wohnort für Menschen. Hier gibt es auch wieder einen Abstecher ins All, denn nicht nur bei uns ist das Wasser eine gute Voraussetzung für die Entstehung von Leben. Dieser Teil ist stellenweise sehr technisch gehalten aber trotzdem auch für Laien verständlich geschrieben. Im Übermorgen geht es um den Kabeljau. Natürlich steht der Kabeljau nur als Synonym für alles, was wir dem Meer bedenkenlos nehmen. Und „Miss Evolution“ – die den Leser durch das Buch begleitet hat, bekommt auch noch einen kleinen Auftritt, denn sie ist natürlich niemals untätig.
Das Buch liest sich natürlich nicht so flüssig, wie ein Roman. Die Themen sind schon recht anspruchsvoll und ein paar Denkpausen muss man durchaus einlegen, um das Gelesene auch im Hirn abspeichern zu können. Für mich persönlich war viel Neues dabei. Natürlich hatte ich in der Schule alles Mögliche über die Erdzeitalter, Geologie, Biologie und Evolution gelernt. Doch gemerkt habe ich mir längst nicht alles und außerdem gibt es ja ständig neue Erkenntnisse zu vermelden. Hier liegt auch die Stärke des Buches. Schätzing stellt klar, da auch sein Werk nur eine Momentaufnahme ist aber er präsentiert eben nicht nur Fakten, sondern erzählt über aktuelle Forschungen, deren bisherige Ergebnisse und offene Fragen und blickt dabei in jegliche Mögliche Richtung. Auch lässt er zu kontroversen Themen jeweils Vertreter jeder Richtung zu Worte kommen.
Sehr angenehm fand ich auch, dass das Buch nicht wie ein reines wissenschaftliches Sachbuch geschrieben ist, sondern teilweise an einen Abenteuerroman erinnert. Man erlebt beispielsweise mit, wie der mächtige Megalodon –der Urhai – seine letzten Lebensjahre erlebt. Wie er sich wundert über die immer größere Schar kleinerer Jäger (weiße Haie), die ihm erst sein Futter streitig machen und schließlich sogar ihn selbst angreifen. Bis er dann schließlich leblos versinkt und sein Körper nun den Bewohnern des Meeresbodens als Nahrung dient. Eben solche Geschichten gibt es über Lurchi, über die friedvollen lebenden Luftmatratzen aus dem Ediacarium, über die quirligen Metropolen rund um die schwarzen Raucher in der Tiefsee über die Verhältnisse bei der Familie Orca und vieles mehr. Diese Geschichten sind sogar ziemlich witzig. Ich habe mehrmals schmunzeln und auch laut lachen müssen, während des Lesens.
Ich gebe zu, dass ich den Großteil des Gelesenen wahrscheinlich schnell wieder vergessen werde. Dafür war der Stoff doch zu umfangreich. Es ist jedoch sehr praktisch, dass die einzelnen Kapitel alle unabhängig voneinander gelesen werden können. So ist es also kein Problem, bei Bedarf mal wieder ein paar Dinge nachzuschlagen.
In ewiger Erinnerung wird mir jedoch der Vampirotheutis Infernalis bleiben und, dass Lurchi der Herr Schätzing selbst zu sein scheint. 😉
Fazit: Ein spannend erzähltes Sachbuch, das mit interessanten Fakten aufwarten kann und zudem sehr unterhaltsam ist.
Wertung 7 von 10 Punkten