Janice’s Verlobter Joffrey verschwand vor gut einem Jahr spurlos irgendwo in Neuengland. Gemeinsam mit dessen guten Freund und Kollegen Steve, versucht Janice, ihn aufzuspüren, denn im Gegensatz zu seinen Vorgesetzten glaubt sie nicht, dass Joffrey in unlautere Geschäfte verwickelt war und deshalb auf Nimmerwiedersehen untergetaucht war – und das so kurz vor ihrer Hochzeit.
Es ist ein Ort namens Magotty von dem Joffrey in seinem letzten Brief schrieb und diesen versuchen Janice und Steve zu finden. Doch so sehr sie sich auch bemühen – einen solchen Ort gibt es nicht, hat es nie gegeben. Auf Nachfragen begegnet man ihnen mit offener Ablehnung und vor allem mit Warnungen. Doch Janice gibt nicht auf und bringt sich durch ihre hartnäckigen Ermittlungen in höchste Gefahr. Plötzlich wird sie in ihren eigenen vier Wänden angegriffen – nicht von einem Menschen, sondern von Etwas! Etwas das aus dem Boiler in ihrem Badezimmer zu kommen scheint und es fast schafft, sie in ihrer eigenen Badewanne zu ertränken. In Ihrer Wohnung ist sie nicht mehr sicher. Also macht sie sich auf den Weg an die Küste, um den geheimnisvollen Ort zu finden, an dem ihr Verlobter verschwand. An der Küste angekommen, spürt sie die Bedrohung und eine unerklärliche Fremdartigkeit. Sie sieht Dinge, die es nicht geben kann und ist sich der Gesundheit ihres eigenen Geistes nicht mehr sicher. Eine unheimliche Macht aus den Tiefen des Meeres scheint immer mehr an Präsenz zu gewinnen. Je mehr Janice nachforscht, desto schlimmer wird es. Janice bringt nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt in höchste Gefahr.
Wer schon mal einen Hohlbein gelesen hat, wird wissen, dass extrem detaillierte Umgebungs- oder Gemüts-Beschreibungen (die sich durchaus seitenlang hinziehen können) bei ihm einfach dazu gehören. Der eine mag genau das – der andere nicht. Wenn man sich ein Buch von ihm zulegt, weil das Thema einfach spannend und interessant klingt, muss man sich dessen jedenfalls bewusst sein und darf nicht erwarten, dass Herr Hohlbein plötzlich kurze Sätze und Actionszenen wie ein Maschinengewehr herunter rattert.
Ich bin kein Fan ausufernder Beschreibungen, finde aber die Ideen von Hohlbein immer wieder großartig, sodass ich es ab und zu wage, mir ein Buch von ihm zu genehmigen. Der Ruf der Tiefen war so eines und ich habe es nicht bereut.
Es wird nicht konkret darauf eingegangen, in welcher Zeit die Geschichte um Janice, ihren Verlobten und die monströse Bedrohung spielt – ich vermute um das Jahr 1900 oder früher – aber hier passt Hohlbeins Stil hundertprozentig.
Die damalige Zeit erscheint dem heutigen Leser extrem langsam. Nichts und Niemand war vernetzt, selbst ein Telefonat war etwas Außergewöhnliches, von schnellem Reisen ganz zu schweigen. Dafür waren den Menschen viel mehr gesellschaftliche Zwänge auferlegt, an die man sich auch in der ausweglosesten Situation noch hielt, um nicht irgendwann in Schande leben zu müssen. Genau das (und auch den Gemütszustand einer jungen Frau aus gutem Hause, die gerade den absoluten Horror erlebt) kann Hohlbein durch seine äußerst feinsinnigen Beschreibungen sehr gut vermitteln. Einige Szenen in dem Buch bringen den Leser zum Schaudern und dürften sogar eingefleischte Horror-Fans erfreuen – doch plumpe Beschreibungen von Gemetzel, Blut und fliegenden Körperteilen sind dafür gar nicht nötig. Der Nervenkitzel ist eher subtiler Natur. Aufgrund der vom Autor kontinuierlich aufgebauten Atmosphäre einer düsteren Bedrohung, reichen manchmal schon ein paar gluckernde Geräusche in der Dunkelheit aus, um dem Leser eine Gänsehaut zu bescheren.
Nichtsdestotrotz hatte das Buch auch genau das zu bieten, was ich mir erhofft hatte: monströse Gestalten, ein dunkles Geheimnis, Action und Spannung und jede Menge Tragik.
Fazit: Ein Hohlbein, den es zu lesen lohnt. Man sollte sich einfach die Zeit nehmen und es genießen.
Wertung 7 von 10 Punkten
Wolfgang Hohlbein
Piper Taschenbuch
560 Seiten