Patrick Rothfuss
Klett-Cotta
Gebundene Ausgabe
863 Seiten
Der Wirt Kote erzählt einem Chronisten die Geschichte seines Lebens– nachdem dieser ihn als den sagenumwobenen Kvothe erkannt hat, der im ganzen Land bekannt ist und für tot gehalten wird. Das Buch hat den Untertitel „Die Königsmörderchronik. Erster Tag“ und beschreibt, wie der Untertitel verrät, den ersten Tag an dem Kvothe dem Chronisten von seinem Leben erzählt. Die erzählte Geschichte wiederum bezieht sich auf Kvothes Kindheit und Jugend bis zum Alter von 15 Jahren.
Klingt gar nicht mal so spannend? Kein Problem:
Der kleine Kvothe ist ein überaus begabtes und wissbegieriges Kind. Er zieht mit seinen Eltern in einer Theatergruppe umher, lernt viel über die Welt und die Menschen und kennt natürlich so einige Theaterstücke auswendig. Als er eines Tages auf einen echten Arkanisten (so etwas wie ein Zauberer) trifft, der den Wind ruft, nur indem er dessen Namen ausspricht, ist etwas in ihm erwacht. Er will so etwas auch können – unbedingt. Der Arkanist schließt sich der Theatergruppe an und reist eine Weile mit ihnen. Unterwegs unterrichtet er Kvothe in den Grundlagen der Magie aber auch in sämtlichen Naturwissenschaften und einigen Sprachen. Er legt Kvothes Eltern nahe, ihren begabten Jungen auf die Universität zu schicken, wo er die Magie studieren und ebenfalls ein Arkanist werden könnte. Doch schnell ist es vorbei mit den rosigen Zukunftsaussichten. Der Arkanist verlässt die Theatergruppe und kurz darauf passiert das Schreckliche – Kvothe findet nach einem Waldspaziergang seine Eltern und die gesamte Truppe – seine Familie – brutal ermordet in ihrem Lager. Doch die Mörder sind noch da und er erkennt sie sofort – es sind die Chandrian – Wesen, die es eigentlich nur in Sagen und Märchen gibt, über die Lieder gesungen und Gruselgeschichten erzählt werden. Er flieht in den Wald, wo er, betäubt vor Trauer und Verzweiflung, monatelang wie ein Wilder lebt. Als der Winter naht, begibt er sich in die Stadt und schlägt sich dort viele Jahre lang als Straßenjunge mit Betteln und Stehlen durch. Mehr als einmal wird er dort fast zu Tode geprügelt, erlebt viele schlimme Dinge am eigenen Leib – doch dabei vergisst er nie seine Menschlichkeit und vor allem nicht seinen Traum, an der Universität zu studieren.
Mit etwas Glück und ein bisschen Trickserei gelingt ihm das scheinbar Unmögliche – er schafft es an die Universität. Doch dort hat der erst 14jährige direkt Neider, weil er auf Grund seiner Begabung schnell im Rang aufsteigt. Wegen seines eigenwilligen Wesens hat er sogar unter den Professoren Feinde.
Das, die ständige Geldnot und die Sorge, die Studiengebühren nicht aufbringen zu können machen ihm das Leben schon schwer genug. Dazu kommt sein unbedingter Wille, endlich etwas über die Chandrian herauszufinden. Er kann sich niemandem anvertrauen, weil er dann als Spinner da stehen würde. Doch eines Tages ergibt sich die unerwartete Chance, den Chandrian auf die Spur zu kommen. Kvothe verschuldet sich und bricht Hals über Kopf auf, um den Ort eines abscheulichen Verbrechens aufzusuchen, welches ihn so sehr an den Mord an seiner Familie erinnert. Dort angekommen findet er viele Hinweise – aber es sind nicht die Chandrian, die er entdeckt, sondern ein anderes Wesen, von dem man glaubt, es sei nur ein Märchen.
Die Geschichte endet, wo sie begonnen hat, in Kotes Gasthaus. Dort jedoch ist zwischenzeitlich ein von einem Dämon Besessener aufgetaucht und hat in einem Handgemenge einen Dorfbewohner ermordet. Hatte er nach Kvothe gesucht? Und auch mit Bast – des Wirtes Gehilfen – stimmt etwas nicht. Er ist kein Mensch und er will dafür sorgen, dass aus dem Wirt Kote wieder der Held Kvothe wird.
Das Buch ist kein Action-Knaller oder super spannender Abenteuer-Roman. Es ist eine Fantasy-Geschichte voller Ästhetik und Gefühl. Sie ist so wunderschön geschrieben, dass selbst ich als Spannungs- und Action-Fan mich keine Sekunde gelangweilt habe. Die Charaktere werden sehr eindringlich beschrieben – besonders Kvothe/Kote – mit dem man eigentlich die ganze Zeit nur mitleidet. Aber auch alle anderen kommen nicht zu kurz. Die geheimnisvolle Denna – Kvothes große Liebe – gibt einem ständig Rätsel auf und sein treuer Gehilfe Bast entpuppt sich nicht nur als „nicht menschlich“ sondern auch als sehr gefährlich. Auch einige der Professoren – insbesondere der Namenskundige unter ihnen – sind skurril und geheimnisvoll.
Die Welt, die Patrick Rothfuss erschaffen hat, ist durchaus vergleichbar mit Mittelerde, wenn auch moderner. Neben der Magie spielen auch Naturwissenschaften, Technik (ein bisschen Steampunk) und Medizin eine Rolle. Selbst die Magie wird ein bisschen entzaubert. Sie ist nämlich nicht einfach nur da – man muss sie erlernen – und Rothfuss hat sich auch genau ausgedacht, wie das funktioniert. Ein Geheimnis bleibt die sogenannte Namenskunde. Wie eingangs schon erwähnt, kann man etwas beherrschen, wenn man dessen Namen kennt und aussprechen kann – den Wind zum Beispiel. Wie die Namen der Dinge lauten und woher man sie erfahren kann, wird noch nicht preisgegeben. Aber unser Held Kvothe kennt den Namen des Windes – er wusste es nur noch nicht.
Auf den zweiten Teil der Königsmörder-Chronik bin ich jetzt sehr gespannt. Kvothes Leben wird sicher nicht einfacher und es bleibt verdammt interessant.
Fazit: Ein großes Buch (nicht nur vom Umfang) und der Beginn einer Fantasy-Saga à la Tolkien. Muss man gelesen haben!
Wertung 9 von 10 Punkten