Zafón ist einer der wenigen Autoren bei dem ich die Liebesgeschichten in seinen Romanen ertragen kann, denn sie wären ohne die Liebe nicht umsetzbar. Die Liebe ist bei ihm der Anfang und das Ende, die Handlung dazwischen – immer mysteriös, kompliziert und tragisch.
Das Spiel des Engels ist Teil 2 der mittlerweile 4-teiligen Roman-Reihe zum „Friedhof der vergessenen Bücher“. Zunächst hatte ich den ersten Teil Der Schatten des Windes noch mal gelesen, um die Erinnerung aufzufrischen. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, da sich in dem Roman zwar Figuren und Orte aus dem ersten Teil wiederfinden, jedoch keine Zusammenhänge bestehen, die man für das Verständnis der Geschichte benötigen würde.
Zum Inhalt: David Martin ist scheinbar am Ziel seiner Träume. Er ist professioneller Autor und schreibt unter Pseudonym eine sehr erfolgreiche Romanserie. Der Exklusivvertrag mit einem Verlag sichert ihm regelmäßige Einkünfte und erlaubt es ihm sogar, sich jenes unheimliche, abweisende Haus inmitten Barcelonas zu leisten, das andere wegen seiner düsteren Vergangenheit abschreckt aber ihn schon immer faszinierte. Doch der Drang, sich – abseits des Pseudonyms – selbst als Schriftsteller zu verwirklichen, wird immer größer. Als schließlich, kurz nachdem bei ihm eine tödliche Krankheit mit nur wenigen Monaten Lebenserwartung diagnostiziert wird, ein französischer Verleger an ihn herantritt und ihm die Chance bietet, genau dies zu tun, gerät seine Welt ins Wanken. Zunächst zögert er, seinen Exklusivvertrag zu brechen – doch dann löst sich das Problem quasi von selbst und er ist frei. Bereits mit einem mulmigen Gefühl beginnt er die Auftragsarbeit an einem Buch, welches nicht weniger bewirken soll, als die Menschen in seinem Bann zu ziehen und für eine Sache zu entflammen.
Die Vorstellungen seines Auftraggebers beginnen, ihm mit der Zeit Angst einzuflößen. Immer mehr fühlt er sich von dem Mann, der ihn mit Reichtum überhäuft, überwacht und bedroht. Da er geschworen hat, Stillschweigen über die Art seines Auftrags zu bewahren, muss er seine engsten Freunde belügen. Er kann seine Ängste bezüglich des Werkes und Verlegers mit niemandem teilen. Als er in seinem eigenen Haus auf Hinweise stößt, die auf eine Verbindung des verstorbenen Vorbesitzers zu seinem neuen Auftraggeber deuten, beginnt er mit Nachforschungen. Ab diesem Zeitpunkt ist sein Weg gepflastert mit Toten. Fast jeder, den er ausfindig macht, wird ermordet. Schnell gerät er so ins Visier der Polizei und findet sich einem Spiel wieder, welches offenbar dazu erdacht wurde, ihn und alle die ihm etwas bedeuten, zu vernichten.
Die besagte Liebesgeschichte, rahmt das ganze noch ein, doch es würde die Inhaltsangabe zu sehr aufblähen. Zafóns Roman ist sehr komplex und somit schwer in nur wenigen Zeilen zusammenzufassen.
Die Geschichte fesselte mich schnell, da sie feinfühlig und überzeugend die tragische Lebensgeschichte mehrerer Figuren beschreibt und dabei immer am Rande des Fantastischen balanciert. Dramaturgisch ist der Roman (wie auch schon sein Vorgänger) sehr geschickt aufgebaut. Der Leser erlebt die Hauptpersonen in fortwährenden, zunächst kleineren, dann immer komplizierter und gefährlicher werdenden Konfliktsituationen, die mehr und mehr auf die unvermeidliche Katastrophe zusteuern. Wer den Autor kennt weiß, dass diese Katastrophe auch eintritt, nur irgendwie anders, als der Leser es erwartet.
Fazit: Ein berührendes und atmosphärisch wunderschönes Buch, das Herz und Verstand des Lesers gleichermaßen beansprucht. Düster und mysteriös entführt es in das Barcelona Anfang des 20. Jahrhunderts mit all den Konventionen und Repressionen, die diese Zeit mit sich brachte. Der Schluss ist leider nicht ganz leicht verständlich. Entweder wollte der Autor es sich leicht oder dem Leser schwer machen. Ich selbst fand ihn erst nach ein paar Nächten „darüber schlafen“ zufriedenstellend.
Trotzdem gibt es für das Buch eine klare Leseempfehlung. Diese Reihe ist übrigens insbesondere ein Leckerbissen für alle Bibliophilen unter Euch!
Autor: Carlos Ruiz Zafón
Verlag: Fischer
Wertung: 7 von 10 Punkten