BOTSCHAFTER DER STERNE – Baoshu – Rezension

Die von Cixin Liu autorisierte Fortsetzung der Trisolaris-Trilogie

Dieser Roman ist eine Fan-Fiction, wie man bereits im Vorwort erfährt. Hier erklärt der Autor, dass er sich nicht damit abfinden wollte, dass die von ihm so geliebte Trisolaris-Reihe mit Jenseits der Zeit ein Ende gefunden hatte. Deshalb begann er damit, die Geschichte um einige der Romanfiguren weiter zu erzählen. Diese Geschichte veröffentlichte er im chinesischen Internet und  erhielt viel positive Resonanz. Dadurch angespornt, schrieb er den kompletten Roman – Botschafter der Sterne, welcher erstmals 2011 auf chinesisch erschienen ist.

Ich muss zugeben, dass mich die Aussicht auf eine Fan-Fiction nach dem Lesen dieses Vorworts nicht besonders begeistert hat. Immerhin sollte dieser Roman eine Reihe fortsetzen, die mich auf Grund ihrer Komplexität und Brisanz in gesellschaftlicher, philosophischer und zukunftsvisionärer Hinsicht restlos begeistert hatte.

Die ersten ein- bis zweihundert Seiten ließen mich jedoch hoffen, dass dieses Fan-Fiction-Werk und zudem der Erstling des Autors, gar nicht so schlecht werden würde.

Yun Tianming, der Mann dessen Gehirn in Band 3 ins All geschickt wurde in der Hoffnung, dadurch mit den Trisolariern kommunizieren zu können, erzählt hier nämlich seine Geschichte. Er berichtet über seine Zeit bei den Trisolariern und man erfährt, was er und Ai 艾 AA auf Planet Blau erleben, nachdem dieser zu einer schwarzen Domäne geworden ist.

Ich fand die geschilderten Ereignisse und deren Verknüpfung mit  der Geschichte von Liu Cixin recht gelungen und durchaus unterhaltsam.

Leider änderte sich das jedoch ab einem bestimmten Zeitpunkt – nämlich dem an dem Baoshu enthüllt, wie die Trisolarier aussehen und was sie eigentlich sind. Ich persönlich fand das sehr schade, denn Liu Cixin hat das eigentliche Wesen dieser Spezies in seinen Romanen nie enthüllt und das wahrscheinlich auch nicht ohne Grund. Vielleicht weil wir mit unserem menschlichen Verstand gar keine Vorstellung davon entwicklen können, welche Art von Leben sich in den Weiten des Alls geformt haben könnte.

Baoshu hat den Trisolariern nun eine Gestalt verliehen – keine sehr detaillierte aber trotzdem eine, die sich ein menschlicher Verstand ausgedacht hat und die somit natürlich auf etwas basiert, was wir schon kennen.

Danach entwickelte sich die Geschichte in eine Richtung, in der ich sie kaum noch nachvollziehen konnte. Es gibt nämlich keine wirkliche Handlung. Man bekommt erzählt, was mit dem Universum passiert ist und was noch passieren wird. Hierzu gebe ich mal die Stichworte Dimensionsreduktion und Dimensionsumkehr, mit denen Trisolaris-Fans sicher etwas anfangen können.

Es werden Wesenheiten eingeführt, die über unbegrenzte Macht verfügen, die der Ursprung unseres Universums sind und doch die Hilfe von Yun Tianming benötigen.

Milliarden von Jahren werden rückwärts und vorwärts erzählt und dabei völlig abstrakte Szenarien konstruiert. Ich habe dann irgendwann den Anschluss und auch das Interesse verloren und einfach nur weitergelesen, weil ich doch noch wissen wollte, welche Seite gewinnt.

Eine Geschichte, die sich über einen Zeitraum von 11 Milliarden Jahren erstreckt, mit kaum mehr als 5 Protagonisten auf 388 Seiten zu erzählen, ist ein gewagtes Experiment. In meinen Augen ist es leider gescheitert. Nach den ersten 200 Seiten besteht der Roman hauptsächlich aus nicht wirklich vorstellbaren Beschreibungen von fünf bis zehndimensionalen Universen, Kriegen zwischen allmächtigen Wesen und philosophischen Exkursen zum Thema Vergänglichkeit oder Stillstand.

Ein paar der Figuren aus Jenseits der Zeit treten auch in Erscheinung, jedoch hatte ich hier stark den Eindruck, dass der Autor eine davon überhaupt nicht mochte und sie deswegen wie eine Idiotin da stehen lässt, eine andere aber offenkundig bevorzugte und ihr das Aussehen einer japanischen Pornodarstellerin verpasste (die es wirklich gibt).

Was mir übrigens trotz allem gut gefallen hat, war der wirklich schöne und teils recht poetische Schreibstil des Autors.

Das bringt mich jetzt in eine Zwickmühle. Einerseits ist der Roman nicht so furchtbar schlecht, dass ich ihn verreißen möchte, andererseits erfüllt er bei weitem nicht die Erwartungen, die ich an einen von Liu Cixin autorisierten Trisolaris-Roman hatte.

Ich kann somit keine konkrete Empfehlung abgeben. Ein zusätzliches Problem bei dem Roman ist , dass er nicht ohne die Kenntnis der kompletten Trisolaris-Reihe gelesen werden kann. Wer diese Reihe jedoch komplett gelesen hat, ist wahrscheinlich wie ich, ziemlich begeistert davon und hat somit entsprechende Erwartungen an eine Fortsetzung. Ihr seht das Dilemma?

Ich kann nur sagen, wer sich traut, soll es einfach probieren. Der Roman ist lesbar aber verlangt einem so ziemlich alles ab – angefangen bei Gehirnyoga bis hin zu völliger religiöser Hingabe.

 

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