Dan Wells
ivi – gebundene Ausgabe
512 Seiten
16,99 Euro
Die 16jährige Kira Walker musste, wie auch alle anderen überlebenden jungen Menschen, bereits sehr früh erwachsen werden. Sie absolvierte eine medizinische Ausbildung und ein Praktikum im Krankenhaus. Auch ihre gleichaltrigen Freunde sind bereits fest in der Gesellschaft verankert – als Soldaten, Sanitäter oder Senatsangestellte. Eine unbeschwerte Jugend gibt es für sie nicht. Die Menschheit wurde fast vernichtet – zuerst durch den Krieg gegen die Partials (von Menschen erschaffenen künstliche Wesen) und dann durch ein Virus das fast die gesamte Menschheit dahinraffte. Man geht davon aus, dass dieses Virus „RM“ von den Partials absichtlich geschaffen wurde, um die Menschheit endgültig auszurotten. Doch ein paar wenige Menschen waren immun. Ein Teil von ihnen zog sich nach Long Island zurück und schuf eine Art neue Gesellschaft. Diese Gesellschaft kann jedoch nicht wachsen – und dass ist deren größtes Problem. Alle neugeborenen Babys sterben innerhalb weniger Tage – am RM-Virus. Offenbar sind sie nicht immun.
Kira, die gerade auf der Säuglingsstation arbeitet, kann das alles nicht mehr mit ansehen und ist auch nicht der gleichen Meinung wie der Senat, der glaubt man müsse nur unablässig Babys produzieren – irgendwann würde schon eines immun sein. Sie beginnt, das Virus auf eigene Faust zu erforschen. Als sie damit nicht weiterkommt, unterbreitet sie ihren Vorgesetzten den Vorschlag einen Partial zu fangen und zu untersuchen, um aus dessen natürlicher Immunität Rückschlüsse auf ein Heilmittel ziehen zu können. Eigentlich ein sinnvoller Vorschlag und man fragt sich, warum bis dato noch niemand darauf gekommen ist…
Natürlich sind alle dagegen aber Kira und ihre Freunde versuchen es im Alleingang. Sie setzen nach Manhattan über und stoßen prompt auf die Partials von denen sie direkt angegriffen werden. Mit viel Glück und einigen Verlusten gelingt es ihnen tatsächlich, einen festzusetzen und mit nach Long Island zu nehmen. Und dann geht es erst richtig los. Mit den derartigen Auswirkungen ihrer mutigen Tat hätte Kira nie gerechnet. Sie wird zum Spielball des Senats – ist nur noch eine Marionette und wird schließlich die meistgesuchte Verbrecherin unter den Menschen. Der Grund dafür ist das, was Kira bei der Untersuchung des Partials entdeckt hat. Es veranlasst sie und ihre treuesten Freunde, Hochverrat zu begehen. Sie flüchten direkt in das Gebiet des Feindes und was Kira dort herausfindet, stellt ihr Leben und ihr Weltbild endgültig auf den Kopf.
Bei dem Buch handelt es sich um eine Jugend-Dystopie. Nach einigen negativen Erfahrungen ist dies nicht gerade mein bevorzugtes Genre aber nach einer Lesung von Dan Wells, die ich miterleben durfte, war ich schon ein bisschen neugierig. Also wagte ich es und wurde diese Mal nicht enttäuscht. Die Geschichte ist eine Zusammenstellung typischer Dystopie-Elemente – eine neue Welt nach dem Untergang der Menschheit, in der etwas absolut nicht stimmt – Eine Bedrohung der Gesellschaft von Außen und aus dem Inneren heraus und noch ein alles vernichtendes Virus. Überraschungen darf man in dieser Hinsicht nicht erwarten. Was mir gut gefallen hat, ist Dan Wells‘ Spiel mit dem Gut und Böse. Er sagte selbst bei seiner Lesung, dass er Wert darauf legt, die Motivation beider Seiten aufzuzeigen. Und wenn die Motivation des Feindes eigentlich eine völlig nachvollziehbare ist – ist der dann noch böse? Was, wenn der Feind eigentlich auch ein Opfer ist? Ist es böse, überleben zu wollen? Wollen wir das nicht alle? Ich finde schön, wie er dieses Thema in die Geschichte eingewoben hat und es schafft, die Wandlung der Hauptfiguren dadurch glaubhaft zu machen. Dan Wells gelingt es außerdem, eine ausgewogene Mischung von Spannung und Hintergrundinformation zu schaffen. Dadurch lässt sich das Buch relativ schnell „weglesen“. Natürlich geht es auch um die Liebe – ein Thema, welches man bei den meist jugendlichen Hauptpersonen schlecht weglassen kann. Aber zu meiner Freude, war es weder schnulzig, romantisch oder furchtbar dramatisch, sondern, der Situation entsprechend eher hintergründig bzw. pragmatisch beschrieben. Immerhin handelt es sich um eine Gesellschaft, in der Schwanger sein ab einem bestimmten (sehr jungen) Lebensalter zur Pflicht wird. Klar, dass Sex dabei ein Thema – Romantik jedoch eher fehl am Platz ist.
Da es sich um den ersten Teil einer Trilogie handelt bleiben natürlich einige Dinge im Dunkeln und das Ende lässt vieles offen. Trotzdem ist ein bemerkenswert nachdenklich machender Schluss herausgekommen.
Fazit: Ein wirklich unterhaltsames Buch für jüngere und ältere Leser. Es enthält alles, was ein gutes Buch braucht – eine durchdachte Geschichte, tolle Charaktere, Spannung, ein wenig Wissenschaft und vielerlei Konflikte.
Wertung 7 von 10 Punkten